U-Bahn-Nachtverkehr in Wien

Es ist wieder passiert. Wolfgang Gerstl, der Verkehrssprecher der ÖVP, fordert mehr U-Bahn in Wien (In Zeitungen siehe hier: derStandard.at, Wiener Zeitung). Das wäre ja noch nicht so schlimm, aber jetzt unterstützen sogar die Grünen (zumindest Christoph Chorherr) diese Forderung. Hier ein Kommentar, dass ich auf Christoph Chorherrs Blog hinterlassen habe:

Nachtverkehr in Wien

Und schon wieder eine Enttäuschung auf Deinem Blog, wollen sich jetzt die Grünen der ÖVP anbiedern? Der Gerstl hat bis jetzt noch nie gute Ideen von sich gegeben, und er kennt einfach nur U-Bahnen. Der große Vorteil von U-Bahnen ist nämlich, dass die Autos in Zukunft unbehelligt brummen können, außerdem verdienen sich die Baufirmen daran dumm und deppat.

Was soll an der U-Bahn in der Nacht so viel besser sein als an den Bussen? Das einzige, dass ich erkenne, dass das U-Bahn-Netz leichter verständlich ist – vor allem weil es weniger Linien sind, aber das ist sicher auch ein Kommunikationsproblem.

Bis zu einer halben Stunde in einer muffigen U-Bahn-Station zu warten ist sicher auch nicht viel besser als an der Oberfläche. Ob das Sicherheitsgefühl in den teilweise sehr dunklen Gängen durch die Videoüberwachung besser wird? In den Nachtbussen fahren jetzt oft SchaffnerInnen mit, die Tickets verkaufen. Das erhöht das Sicherheitsgefühl!

Die Infrastruktur der U-Bahn (Stationen, Überwachung) braucht viel Strom und Personal … Auch wenn das im Vergleich zu anderen Projekten nicht viel ist, ist die Frage schon, ob das sehr „grün“ ist und das Geld in Verbesserungen des Nachtbusverkehrs nicht besser investiert ist.

Wenn nämlich die U-Bahnen fahren, wird dann der jetzige Nachtbusverkehr aufrechterhalten? Der ist nämlich sehr flott unterwegs und bietet viel direktere Verbindungen als der U-Bahn Verkehr. Ich brauch vom Karlsplatz heim (N49) gerade mal 15 Minuten, mit Straßenbahn (1-49) oder U-Bahn (U2-U3) 20-25 Minuten, vor allem durch das Umsteigen. Ich bin mir sicher, wenn die U-Bahn durch die Nacht fährt, werden die Nachtbuslinien entlang der U-Bahn gekürzt, wodurch vermehrtes Umsteigen notwendig ist.

Gerade Umsteigen ist ein großes Problem des Nachtverkehrs. Da dieser in selteneren Intervallen fährt (derzeit 30 Minuten), ist es viel wichtiger, dass die Anschlüsse abgewartet werden. Mir passiert es regelmäßig, dass ich – wenn ich vom Schwedenplatz komme – den Nachtbus zum Umsteigen bei der Oper nicht mehr erwische oder mich todesmutig über die Ringfahrbahn stürzen muss. Ich finde hier sollten die Takte verbessert werden um garantierte Umsteigemöglichkeiten zu schaffen. Weil das Versäumen des Umsteigens kostet bis zu einer halbe Stunde auf dem Heimweg.

Die U-Bahnen werden sicher keine höheren Intervalle haben, immerhin können mit einer Fahrt bis zu 900 Passagiere transportiert werden, das muss erst zusammenkommen. Ein Nachtbus kann viel flexibler auf einzelnen Strecken verstärkt werden.

Viele Leute klagen, dass die Nachtbusse in entlegenere Gegenden in Wien so lange unterwegs sind. Warum nicht ein paar Nachtschnellbusse einführen, die in der Innenstadt nur bei den wichtigsten Umsteigeknoten stehen bleiben, aber dann die Peripherie fein verteilen?

Apropos … Wenn schon Nacht-U-Bahnen, warum dann nicht auch Nachtstraßenbahnen?

Stephan Plepelits (http://mobility.plepe.at)

4 Gedanken zu „U-Bahn-Nachtverkehr in Wien“

  1. Ich bin nicht unbedingt U-Bahn Befürworter, aber auch kein Gegner.
    1) U-Bahnen sind in der Nacht leiser als Busse.
    2) Das mit dem Umsteigen ist kein Argument, weil es umgekehrt natürlich mit der U-Bahn auch optimale Routen gibt, wo die Nightline mit umsteigen eine Stunde länger braucht.
    3) Ist das Wetter (Stichwort „muffig“) ein Argument? Im Winter ist es wärmer und bei Regen trockener.
    4) Eine U-Bahn ist schneller als ein Bus.
    5) Ich muss mir keine zwei Netzpläne merken, sondern nur einen. Gerade für neue Leute in Wien ist es im Moment sehr verwirrend in der Nacht mit den Öffis heimzukommen.

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  2. Ich wurde gebeten, auf diesen Kommentar zu antworten. Na gut.

    ad 1) Stimmt. U-Bahnen sind auch am Tag leiser als Busse. Auch Straßenbahnen sind leiser als Busse.
    ad 2) Allerdings ist das Nachtbusnetz auf Umsteige-Hotspots ausgelegt (z.B. Oper, Schwedenplatz, Westbahnhof), d.h. normalerweise kommt man mit maximal einmal Umsteigen heim. Das Tagesnetz ist aber viel zu dicht, um solche Umsteige-Hotspots einzurichten, dafuer fahren die Linien in höherem Intervall, wodurch die Linien nicht aufeinander abgestimmt sein müssen.
    Ich möchte nicht behaupten, dass das Nachtbusnetz derzeit ideal funktioniert, viel zu oft werden Umsteigeverbindungen nicht abgewartet.
    ad 3) Stimmt. Bei miesem Wetter ist es in U-Bahn-Stationen sicher angenehmer. Allerdings könnte dieses Problem auch im Oberflächenverkehr gelöst werden. Warum gibts keine beheizbaren Hütterln, zumindest an den Knotenpunkten?
    ad 4) Ein streitbares Argument. Die U-Bahn fährt zwar schneller, allerdings müssen lange Wege zur U-Bahn (weniger Haltestellen) und in den Stationen zurückgelegt werden. Bei kurzen Wegen ist der Bus und die Straßenbahn klar im Vorteil, erst auf längeren Distanzen zahlt sich die U-Bahn aus.
    ad 3 und 4) Bei Regen oder Kälte fahr ich übrigens lieber mit der Straßenbahn heim, weil ich da wesentlich weniger gehen muß. Wie gesagt: Straßenbahnlinien und Buslinien haben wesentlich mehr Haltestellen.
    ad 5) Nun, es werden sicher nicht alle Linien fahren die untertags fahren, und viele Gebiete in Wien sind nicht mit der U-Bahn angebunden. Was ist mit denen? Sollen einfach alle Tageslinien weiterbetrieben werden? Ausserdem war die Rede nur vom Wochenende, unter der Woche brauchts dann doch wieder einen anderen Netzplan? Durchgehend den U-Bahn-Betrieb aufrecht zu halten wird sicher nicht gehen, in der Nacht werden regelmäßig Wartungsarbeiten durchgeführt.

    Was mich am meisten stört:
    Das ist doch reiner Populismus, da steckt keinerlei Konzept dahinter. Was notwendig wäre:
    – In welchem Intervall werden die Linien betrieben? Wenns weniger als alle 10 Minuten (realistisch vermutlich 30 Minuten) ist, sollten die Linien aufeinander abgestimmt werden (Umsteigenknoten). Gerade bei U-Bahn schwierig und langwierig.
    – Werden alle Linienteile betrieben, auch die peripheren?
    – Durch welche Linien wird das U-Bahn-Netz ergänzt? Auch diese sollten Umsteigemäßig abgestimmt sein.
    – Wieviel Personal ist notwendig?
    – Was kostet das Ganze wirklich? Verglichen mit dem jetzigen Netz?

    Hoffentlich konnte ich ein paar gute Ansätze zum weiterdenken bringen 🙂

    Stephan.

  3. Hier zwei Berichte aus Deutschland im Nachtverkehr. In Berlin und Hamburg fahren U- (und S-)Bahnen schon seit mehreren Jahren am Wochenende. Der Takt beträgt mindestens 15 (Berlin) bzw. 20 (Hamburg) Minuten, die ganze Nacht durch. Betrieben wird jeweils mit wenigen Ausnahmen das gesamte Netz innerhalb des Stadtgebiets und teilweise auch darüber hinaus. Zu den Zügen fahen die wichtigsten Buslinien aus dem Tagesprogramm ebenfalls im Regelfall alle 20 Minuten. Die Auslastung jedenfalls hier in Hamburg ist sehr ordentlich, insbesondere auf den Linien durch die Ausgehviertel werden mittlerweile bereits Züge mit maximaler Wagenzahl eingesetzt. Im Abendverkehr ist die Auslastung der U-Bahn auch gestiegen, deshalb fährt sie auf der wichtigsten Linie seit Sommer bis Sonntag früh um 0.40 Uhr (!) alle 5 Minuten mit 90 m langen Zügen.

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